Autor: Reno
Amapodo ist angetreten, um dir die beste Tasse Tee zu präsentieren.
Weil du es verdient hast!
Michél Walther arbeitete in Leipzig und kam für einen Job in die Oberlausitz. Geblieben ist er wegen der Liebe. In Bautzen stieg er ins Online-Marketing ein und sorgt noch immer täglich als Managing Director bei azobit dafür, dass Unternehmen und Organisationen den Durchblick im Social-Media-Dschungel behalten. Sein „eigenes Baby“ amapodo gründete er vor ziemlich genau fünf Jahren.
Alles begann mit einem Missgeschick. Als begeisterter Teetrinker brachte er sich sein erstes richtiges Teeglas aus Shanghai mit, welches schon bald runterfiel. In Europa war es damals schwer Ersatz zu beschaffen. Also begab er sich auf die Suche nach den Herstellern in Asien, besuchte deren Werke und fand einen zuverlässigen Partner. Mit der Liebe zum Tee und der Leidenschaft für funktionales Design entwickelte er sein eigenes Teeglas und baute einen Online-Vertrieb auf. Heute vertreibt Michél Walther 25 eigene Produkte. Dabei werden ausschließlich natürliche Materialien wie Borosilikat Glas, Keramik, Edelstahl und Bambus verwendet und die Veredlung sowie die Logistik zunehmend regional organisiert. Vier Teemischungen, welche in Sachsen hergestellt werden und in einer plastikfreien Verpackung abgefüllt sind, gibt es mittlerweile ebenso in seinem prosperierenden Onlineshop.
Anne (Working Evolutions) ist im Kontext ihres Projektes „unverpackt und plasitikfrei“ auf amapodo aufmerksam geworden, da die Produktlinie durch ein klares Design, hohe Funktionalität und ökologische Verträglichkeit besticht. Wir haben uns mit Michél in seiner Bautzener Agentur getroffen, um mit ihm über Nachhaltigkeit, soziale Verantwortung und zukünftige Herausforderungen in der Arbeitswelt zu sprechen. Ein paar interessante Sichtweisen fassen wir in diesem Beitrag für euch zusammen.
„Ich scheue mich nicht vor der Arbeit.“
amapodo ist Teil einer „Bürogemeinschaft“, die wie eine Agentur organsiert ist. Die unterschiedlichen Firmen in den Bereichen Grafik, Programmierung und Projektmanagement sind selbständig tätig, arbeiten aber an verschiedenen Projekten auch intensiv zusammen. Man begegnet sich auf Augenhöhe, wenngleich Michél Walther bei azobit und amapodo die Entscheidungen fällt. In seinem Fokus steht der effektive Einsatz des speziellen Know Hows und der vorhandenen Ressourcen der einzelnen Firmen. Der Umgang untereinander ist freundschaftlich. Ebenso sind ihm Werte wie Offenheit, Pünktlichkeit und Verlässlichkeit wichtig und in der Unternehmenskultur fest verankert.
„Wir sind nicht der typische Tech-Campus, inzwischen wohl eher die Großväter im Online-Business.“
Arbeitsabläufe werden heute mit einem schlanken Ticketsysteme (z.B. www.mantisbt.org) organisiert. Somit weiß jeder Mitarbeitende, welche Aufgaben unmittelbar anstehen und Kunden werden stets mit den nötigen Informationen versorgt. Anfänglich probierte man verschiedene Tools aus. Vor allem im Kontakt mit Großkunden kommt es auf ein sauberes CRM an. Dazu ist es aber nötig, dass alle Informationen zeitnah zur Verfügung gestellt werden. Leider funktioniert das aus den unterschiedlichsten Gründen nicht immer, weiß Michél zu berichten. Er selbst versendet inzwischen notwendige Informationen wieder per E-Mail.
„Auch wenn ich es niemanden empfehlen würde, persönlich arbeite ich seit vielen Jahren erfolgreich nach dem Chaos-Prinzip.“
Die Kommunikation mit den Kunden hat oberste Priorität. Für die Kernprojekte muss es eine verlässliche und nachvollziehbare Kommunikation geben. Hier besteht Michél auch auf eine stetige Qualifikation. Er selbst, so verrät er uns, sammelt aber auch diverse Schmierzettel mit To-Do’s und Ideen auf seinem Schreibtisch. Die werden nach Priorität sortiert und im Laufe der Woche abgearbeitet. Unwichtige Dinge rutschen ganz automatisch nach unten und verlieren somit an Bedeutung. Manchmal nimmt er die alten Zettel zur Hand und prüft, was davon noch eine Relevanz haben könnte.
„Im Vordergrund stand zwar immer die Leidenschaft und die Liebe zum eigenen Produkt aber bei einer Gründung musst du alles auf dem Schirm haben!“
Bei der Gründung von amapodo hatte Michél keinerlei Erfahrung im Handel. Das war ein risikofreudiger Sprung ins kalte Wasser, sagt er rückblickend. Allerdings nutzte er seine Erkenntnisse aus der Filmbranche und dem Onlinemarketing. Von einer breiten Produktpalette hält er persönlich nichts, lieber konzentriert er sich auf eine überschaubare Anzahl von Produkten und beobachtet den Markt sehr genau. Persönlich verfolgt er das Ziel, jährlich zwei neue Produkte zu entwickeln und dabei genau zu schauen, was der Markt wirklich braucht. Michél wirkt analytisch und scheint stets sehr bedacht zu agieren. Inzwischen arbeitet er auch mit regionalen Partnern zusammen, wie zum Beispiel den Oberlausitzer Werkstätten. Die Zusammenarbeit betrachtet er als eine Art Unterstützung, die den Menschen zur Integration in die Gesellschaft verhilft. Er ist aber auch sehr froh, vor Ort verlässliche Partner gefunden zu haben. Das ist nicht leicht, eher selten der Fall, berichtet er. Vor allem im Vertrieb hat er feststellen müssen, dass die Händler in den Neuen Bundesländern ängstlicher und pessimistischer sind. Deshalb ist es ihm wichtig, von Anfang an klare Regeln und Ziele zu vereinbaren. Wenn seine Produkte nicht innerhalb von drei Monaten verkauft sind, nimmt er sie zurück. Michél freut sich über gemeinsame Erfolge und vermeidet aufwendiges Klein-Klein. Auch hat er gelernt, auf seinen Bauch zu vertrauen. Heute beschreibt sich Michél Walter als Produzent, Fantast und Vertriebler. Alles sei nötig, um erfolgreich am Markt zu agieren.
„Zufriedenheit führt zu Stillstand; vorausschauend zu planen und antizyklisch zu denken ist heute fundamental.“
Wachstum bedeutet für Michél nicht, die Anzahl der Mitarbeitenden ständig zu erhöhen. Heute weiß er ganz genau, was er nicht mehr will. In der Vergangenheit musste er als Arbeitgeber aufgrund des Wegfalls eines Großkunden Mitarbeitende entlassen. Das war für ihn ein unerwartetes und ungewolltes Learning und sozial äußerst unschön. Daher arbeitet er heute auch gern mit kleineren Unternehmen, die sich als zuverlässig erweisen.
Mit azobit und amapodo fühlt es sich aktuell stimmig an, sagt er, ist sich aber auch darüber bewusst, dass Zufriedenheit zu Stillstand führt. Für Michél ist es unerlässlich geworden, genau zu schauen wie sich der Markt entwickelt und wie sich
die Kunden verhalten. Dabei ist es essenziell, sich zu öffnen und proaktiv auf die Kunden zuzugehen. Gemeinsam mit dem Kunden weit vorausschauend zu planen und dabei nicht selten antizyklisch zu agieren, ist aktuell eine zwingende Notwendigkeit.
„Natürlich muss man auch mit Tiefschlägen umgehen können aber wenn du neun von zehn Projekten umsetzen kannst, dann ist das toll. Heute das machen zu können, was mir Spaß macht, treibt mich enorm an.“
Erst in den letzten zwei bis drei Jahren ist es Michél bewusst geworden, dass er endlich das machen kann, was er wirklich gern macht. Um eigene Ideen zu verwirklichen braucht es Wissen und Erfahrung aber auch Selbstbewusstsein und ausreichende finanzielle Mittel. Nicht jedes Projekt lässt sich umsetzen, Misserfolge müssen einberechnet werden. Am wichtigsten jedoch ist, dass man selbst daran glaubt, dass es funktioniert und bei Schwierigkeiten nicht gleich aufgibt. Jede Herausforderung fordert dich, bringt dich weiter und führt zu einer wertvollen Erfahrung, weiß er zu berichten.
"Hätte ich auf all das gehört, was mir die Leute geraten haben, wäre nichts Sinnvolles rausgekommen."
Am Anfang hat sich Michél oft bei anderen einen Ratschlag geholt. Heute weiß er, dass ein gutes Projekt seine Zeit braucht und er auch intuitiv Entscheidungen fällt. Viele Erfahrungen und angeeignetes Wissen führen dazu, dass er sich heute auf sein Bauchgefühl verlassen kann. Er weiß inzwischen auch, dass er sich immer nur auf ein Projekt konzentrieren darf. Um erfolgreich zu sein, musst du den Markt genau beobachten und dich fragen, was die Kunden wirklich brauchen, gibt er uns als Tipp mit auf den Weg.
In unserem Notizheft stehen nun schon zahlreiche interessante Hinweise. Normalerweise wäre das Gespräch jetzt beendet. Uns interessiert ja aber brennend, wie er sich und seine Unternehmungen in der Zukunft sieht. Deshalb bohren wir nach und wollen wissen, welchen Herausforderungen er sich in der Zukunft stellen wird. Wir reden dabei über gesellschaftliche Veränderungen, über die Lebensqualität in ländlichen Räumen und kleineren Städten, über junge Familien die mit wertvollen Erfahrungen aber auch mit klaren Erwartungen in die alte Heimat zurückkehren, über erfolgreiches Recruiting und über den wertschätzenden Umgang mit wertvollen Mitarbeitenden.
Es fällt uns schwer, in die Zukunft zu schauen. Aber auch in der jüngsten Vergangenheit lassen sich Beispiele finden, die zukunftsfähige Modelle sein könnten.
„Ich bin mir bewusst, dass so wie ich jetzt arbeite, wird es in Zukunft nicht mehr funktionieren. Es wird der Tag kommen, an dem man vielleicht durch Krankheit ausfällt oder andere Dinge an Bedeutung gewinnen.“
Michél wird etwas nachdenklich. Er hat viel Zeit in seinem Leben in die Arbeit investiert. Der unternehmerische Erfolg bestätigt ihn. Stets war es für ihn selbstverständlich, Zeit für die Kolleg*innen aufzubringen und in das geschaffene Netzwerk zu investieren. Dass man dabei auch mit Tiefschlägen rechnen und lernen muss, mit persönlichen Enttäuschungen umzugehen, ist kein Geheimnis. Er ahnt, dass es nicht immer so weitergehen wird und dass er sich den Themen Prokura, Nachfolge und Wissenstransfer stellen muss. Damit ist er in der Oberlausitz nicht allein. In vielen Unternehmen, die in den frühen 1990-er Jahren gegründet wurden, werden Nachfolgende für die Geschäftsführung gesucht.
„Natürlich wäre es toll, gern auf Arbeit zu gehen und das Abfallprodukt ist das Gehalt. Aber sind wir mal ehrlich, das können sich doch aktuell 99,9% nicht wirklich leisten.“
Die Bewerbungen von außen sind immer weniger geworden. Oftmals gehen mit hohen Abschlüssen hohe Gehaltsforderungen einher, auch wenn nicht selten wenig berufliche Praxis vorgewiesen werden kann. Dennoch ist es für Michél enorm wichtig, dass junge Leute ins Unternehmen kommen. Sie sind Trendsetter; an ihnen lässt sich ablesen, wie sich die kommenden Generationen verhalten werden, wie sie sich im Internet bewegen, was ihnen wichtig ist und welche Einstellungen und Wertvorstellungen prägend sein werden.
Michél ist ein bekennendes Arbeitstier. Er beobachtet aber auch, dass sich das bei jungen Menschen ändert. Ihnen ist eine Balance zwischen Arbeit und Freizeit wichtig. Beides muss sich vereinen lassen. Bei guter Bezahlung.
Dabei fällt ihm das Beispiel einer jungen alleinerziehenden Mutter ein. Sie forderte sich mehr Zeit für die Erziehung ihres Kindes ein. Da sie einen wirklich guten Job machte und das nötige Vertrauen vorhanden war, wurde eine freie Zeiteinteilung vereinbart. Auch wurde ihr bei voller Bezahlung eine 30-Stunden-Woche zugestanden. Das hat funktioniert, weiß Michél stolz zu berichten.
Es braucht gegenseitiges Vertrauen, vielleicht auch ein engeres Controlling und vor allem eine offene und ehrliche Kommunikation. Dann berichtet Michél noch von einem anderen Beispiel und schmunzelt. Auch wenn er selbst befürchtet, sich von zu vielen Dingen ablenken zu lassen, ist Home-Office heute keine Ausnahme mehr. Ein junger Mann, der für die Erziehung der Kinder verantwortlich sein möchte, arbeitet überwiegend von zu Hause. Anfänglich war es ungewöhnlich, dass die Kinder in der Telefonkonferenz zu hören waren. Doch die Kunden fanden es gar nicht schlimm, sondern bewunderten die Tatsache, Familie und Job unter einen Hut zu bekommen.
Vieles ist möglich, reflektiert Michél. Es braucht Vertrauen, diszipliniertes Arbeiten und eine frühzeitige Kommunikationen, damit sich Arbeitsabläufe möglichst verlässlich planen lassen. Heute ist uns die Individualität des Menschen wichtig, somit müssen wir auch ganz individuell entscheiden. Allgemeingültige Konzepte greifen nicht mehr. Je kleiner das Team, desto individueller die Entscheidungen.
Eigentlich schon ein schöner Abschluss und für uns ein wichtiger Hinweis darauf, wie sich Unternehmen in Zukunft vielleicht entwickeln werden. Vielleicht lässt sich daraus auch schlussfolgern, dass die Menschen umso zufriedener sind, je mehr es gelingt, ihre jeweilige Lebenssituation auch im Kontext der Arbeit zu berücksichtigen. Für Michél Walther steht es jedenfalls schon fest:
„Arbeit ist etwas Schönes, wenn man mit einem Lächeln den Tag beginnen kann.“
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